Die Füllungszeremonie

2005 hörte man zum ersten Mal in der botanika, dass Bremen vielleicht den Europäischen Friedensbuddha bekommen sollte. 12 Jahre später ist er angekommen und soll nun nach altem Brauch gefüllt werden. Und das ist nochmal eine weitere spannende und berührende Geschichte. Denn alleine zu klären, welche Gegenstände in die Statue gefüllt werden sollen, ist angesichts ihrer Größe nicht ganz einfach. Dann die Frage, ob und wie es gelingt, sie nach der Füllung aufzurichten. Und schließlich: übersteht die um ein Vielfaches schwerere gefüllte Statue das Aufsetzen auf den Lotus-Thron? Die folgenden Bilder berichten von der zweitägigen Aktion:

Zur Vorbereitung der Zeremonie sucht Geshe Pema Samten, der geistliche Leiter des Tibetischen Zentrums Hamburg, die richtigen Gegenstände für die Füllung aus. Hier werden die Kräuter und kostbare, gemahlene Substanzen wie Weihrauch befühlt, gerochen und getestet.

Der später in der Statue eingesetzte Lebensbaum, eine Eibe, war von Geshe zuvor im Rhododendronpark ausgesucht, bei Vollmond geschlagen und dann obeliskartig zurecht gesägt. Immer so, dass die Ostseite erkennbar bleibt. Denn sie soll im aufgerichteten Buddha auch wieder nach Osten ausgerichtet sein.

Der jetzt sorgsam polierte, lackierte und mit Goldfarbe in tibetischer Schrift beschriebene Lebensbaum wird von Gesche Pema Samten mit fünffarbigen Fäden umwickelt. Ganz deutlich ist die Ostseite markiert.

Ein letztes Mal in voller Schönheit zu sehen ist auch die kleine goldene Stupa, die später in der Herzgegend des Buddha liegen soll. Wie klein sie ist kann man im Größenvergleich an den bunten Wollfäden erkennen.

Interessant auch der Blick "hinter die Kulissen", wo all die Gegenstände aufbewahrt werden, die sonst noch nötig sind. Aber auch die Säcke mit den weichen Füllmaterialien, Gewürze, Kräuter, Pulver kostbarer Substanzen, Blütenblätter...

... und der gemahlene Weihrauch. Säckeweise sind diese Füllmaterialien besorgt worden, denn in der Statue soll es keine Hohlräume mehr geben nach der Füllung.

Jeder Bereich des Buddha wird gesondert gefüllt werden. Für den Kopf stehen hier TsaTsas, kleine Votivtäfelchen, vorher sorgsam in Handarbeit gegossen und bemalt. Dahinter die Mantra-Rollen, die in 14 Kisten mit dem Buddha vom Tibet House in Indien geschickt worden waren. Sehr unterschiedliche für den Oberkörper, die Hände, den Kopf und den Lotus-Thron.

Jetzt sind endlich alle Zutaten bereit für die Füllung: die Mantrarollen, der Kanjur, eine Sammlung von Büchern des Kanon des tibetischen Buddhismaus, die mit Halbedelsteinen gefüllten Schatzvasen, dazwischen ein wertvoller Doppeldordje aus reinstem Bergkristall - eine beeindruckende Fülle an Kostbarkeiten.

Der japanische Garten der botanika ist Schauplatz dieser Zeremonie und ist bis auf den letzten Platz besetzt. Bei den Begrüßungsreden dürfen die Zuhörenden noch bis ganz vorne sitzen, später bei der Füllungszeremonie muss dort Raum zu Agieren der Füllenden sein.

Der Vorsitzende der Deutschen Buddhistischen Union, Gunnar Gantzhorn, begrüßt die Anwesenden, ebenso werden Grußworte u.a. von Bremens zweiter Bürgermeisterin Caroline Linnert und dem Vorsitzenden des Vereins "Die Sieben Faulen", Peter Siemering, gesprochen, der es finanziell ermöglicht hat, dass die Statue nach Bremen kommen konnte.

Schließlich spricht auch Geshe Pema Samten, der geistliche Leiter des Tibetischen Zentrums Hamburg, der die Zeremonie leiten wird. Er erläutert den Sinn und Hintergrund dieser Veranstaltung.

Nun kann es endlich losgehen. Die Buddha-Statue liegt auf dem Rücken, sorgsam in ein Holzgestell verschnürt. Jetzt wird die erste Mantrarolle in die untere Öffnung des Körpers gelegt.

So nach und nach füllt sich der Innenraum mit den Mantra-Rollen. Aber er soll ja vollständig ausgefüllt werden.

Hier ist erkennbar, wofür die zahlreichen Kräuter, Blütenblätter und Gewürze gebraucht werden.

Neben dem Hauptkörper des Buddha werden auch die Arme gefüllt. Bei diesen filigranen Teilen wird mit Sprühflasche und Pinzette gearbeitet. Zum Schutz der wertvollen Goldschicht ist das Tragen von weichen  Schutz-Handschuhen angesagt.

Immer wieder wird die Befüllung unterbrochen für Pujas.

Als nächstes wird der Lebensbaum eingefügt. Unten zeigt der Pfeil die Ostrichtung an: Wenn die Statue aufgerichtet ist wird der Lebensbaum wieder nach Osten ausgerichtet sein, so wie er gewachsen war.

Der Lebensbaum gilt als die Wirbelsäule des Buddha und reicht bis in den Kopf.

Jetzt sind auch die Herzstupa und der Lebensbaum in die Statue eingebettet und sorgsam mit Blütenblättern und wohlriechenden Kräutern umhüllt.

Es ist an der Zeit, auch einmal den wunderschön geschmückten Altar zu bewundern.

Die Stimmung schwankt zwischen Feierlichkeit...

... und ausgelassener Freude

Schließlich ist der ganze Körper gefüllt, zuletzt war noch der Kanjur als Basis eingebettet worden.

Nun wird zum Schutz und Abschluss der wertvollen Gegenstände eine goldfarbene Decke angebracht.

Nun gibt es erst nocheinmal eine Puja, eine buddhistische Andacht der die Füllung zelebrierenden Lamas. Neben Geshe Pema Samten sind das Geshe Palden Öser vom Tibet Zentrum Hannover, Geshe Rigzin Gyaltsen vom Tibet Zentrum Berlin, Lama Dawa vom TTC Hamburg und Gen Lobsan Choejor vom Tibetischen Zentrum Hamburg.

Nach der Puja wird der Boden luftdicht verschlossen.

Auch im Halsbereich ist alles fest verschlossen, nur der Lebensbaum ragt noch heraus. Es wird noch einmal gefegt, bevor der nächste spannende Abschnitt beginnt: Das Aufrichten der Statue.

Bis auf ein kleines Team haben jetzt alle Zuschauer, aber auch die Lehrer, den japanischen Garten verlassen. Für das, was jetzt folgen soll, ist absolute Konzentration erforderlich. Zunächst wird der sehr bewegliche Kran in Positur gebracht.

Das, was jetzt geschehen soll, ist von keinem der Beteiligten jemals gemacht worden: Das Aufrichten der empfindlichen Statue, die nach der Füllung sehr schwer geworden ist. Die bange Frage ist: Wird die Verspannung der Statue in dem Holzgestell halten? Nichts verrutschen, reißen, die Vergoldung zerstören?

Daher haben sich die Beteiligten darauf geeinigt, dass nur ganz wenige Fachleute jetzt Anweisungen geben dürfen, alle anderen haben sich mit Tipps und Kommentaren zurück zu halten. Der Kranführer hat jetzt den richtigen Ansatzpunkt gefunden. Die Kiste wird ganz langsam und vorsichtig Zentimeter für Zentimeter angehoben.

Nun hängt sie am Haken, schwebt frei, wird aber von meheren Halteseilen gelenkt. Bis jetzt hat sich die Statue in ihrer Verspannung nicht bewegt. Doch die Aufregung der Beteiligten steigt weiter. 

Ein etwas skurriles Bild, modernste Technik und viele Jahrhunderte alte Tradition in diesem Moment dazu vereint, den Europäischen Friedensbuddha zu errichten.

Jetzt ist die Kiste senkrecht aufgerichtet und schwebt frei. Noch immer hat sich die Statue darin nicht bewegt. Ein gutes Zeichen. 

Der nächste Schritt wird wieder aufregend: Das genaue Platzieren der Statue über dem Lotus-Thron.

Ganz langsam schwenkt die Statue üner den Lotus-Thron. Jetzt bloß keine ruckartigen Bewegungen machen.

Der Lotus-Thron war natürlich vorher auch gefüllt und anschließend mit einer starken Platte fest verschlossen worden, um das enorme Gewicht der Buddha-Statue aufnehmen zu können.

Die Statue muss ganz exakt über dem Lotus-Thron abgesenkt werden. Ist erst einmal die untere Haltestange entfernt, gibt es keine Änderungsmöglichkeit mehr.

An allen Seiten ist jetzt der Rand der Statue exakt auf den Rand des Lotus-Throns ausgerichtet und schwebt nur noch einen Zentimeter darüber.

Dies ist jetzt der entscheidende Moment, alle Anwesenden halten den Atem an. Es ist ganz still geworden in dem nächtlich dunklen Gewächshaus. Nur die "Baustelle" ist beleuchtet. Jetzt wird - ganz vorsichtig - der erste untere Haltebalken gelöst. Werden die Verspannungen oben den Buddha halten?

Ja, die starken Bänder, die mit weichen Matten den schweren, aber auch sehr empfindlichen vergoldeten Buddha-Körper halten, bewegen sich nicht. Die letzten unteren Haltestangen sind entfernt. Jetzt kann der Kran die Statue ganz sanft auf dem Lotus-Thron absetzen. 

Vielleicht ist an diesem Detail erkennbar, dass die Aufgabe nicht einfach war, die Statue, die jetzt ein gewaltiges Gewicht hat und nur eine sehr dünne und äußerst empfindliche vergoldetete Außenwand, so zu befestigen und zu verzurren, dass nichts verrutschen kann.

Der Buddha hat seinen Platz auf dem Lotus-Thron gefunden. Die Halteseile und Verspannungen werden gelöst. Ein großes Aufatmen geht durch den Raum, als nun das Holzgestell langsam und vorsichtig nach oben gezogen wird.

Noch sieht man die Anspannung in den Gesichtern der Akteure, aber nun schwebt die Kiste gleich über dem Lebensbaum. Es ist geschafft.

Die große Erleichterung ist nicht zu übersehen. Das Schwierigste ist jetzt geglückt. Eine große Dankbarkeit ist bei allen Beteiligten zu spüren.

Nun muss noch der Kopf des Friedensbuddhas aufgesetzt werden, sorgsam gebracht von Gunnar Gantzhorn, dem Vorsitzenden der Deutschen Buddhistischen Union.

Allerdings ist der Lebensbaum nicht ganz exakt in der richtigen Position. Mit vereinten Kräften wird er noch etwas nach vorne gezogen.

Auch diese Aktion bedarf eines feinen Fingerspitzengefühls. Deshalb darf das entscheidende Aufsetzen auch ausnahmsweise ohne Handschuhe geschehen.

Von vorne wird jetzt die exakte Lage des Kopfes "dirigiert", bevor dann auch der Kopf am nächsten Tag noch von oben gefüllt werden kann.

Wie es am nächste Morgen weiter geht zeigt die nächste Foto-Strecke "Die feierliche Weihe"